WIR HIER: Artikel von Geflüchteten und Menschen, die schon länger hier leben

Vom Weggehen und Ankommen

Ashot ParvanyanDer 18-jährige Ashot Parvanyan will sein Schachtalent zum Beruf machen
von Claudia Blume

Ashot Parvanyan lebt Schach, denkt Schach und träumt Schach. Auf die Frage nach seinem Berufswunsch gibt es – kaum verwunderlich – eine klare Antwort: Schach-Profi. Der 18-jährige Norderstedter ist auf dem Weg dahin. Noch steckt er in den Prüfungen für seinen Schulabschluss an der Gemeinschaftsschule Friedrichsgabe, doch Ende Juni will er als Denksportler durchstarten und mit dem Spiel der Könige Geld verdienen.

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Von Anette Reinders, 2. Stadträtin
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 „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es“, sagte einst Erich Kästner. In Zeiten, in denen die Zeitungen voll davon sind, dass unsere Welt egoistischer und ichbezogener wird, passierte in Deutschland etwas Außergewöhnliches. Der plötzliche Zustrom von Tausenden von Flüchtlingen täglich stellte alle Verantwortlichen vor ungeahnte Herausforderungen und Probleme, die sie innerhalb kürzester Zeit lösen mussten. Und im Nachhinein kann man feststellen, dass viele dieser Situationen nur durch das Engagement der Zivilbevölkerung bewältigt werden konnten. Es war sicher eine Ausnahmesituation in der Geschichte der Bundesrepublik, wenn sogar die Polizei per Twitter um Getränke und Essen für 5.000 Geflüchtete auf dem Marienplatz in München bat. Es war genauso außergewöhnlich, dass dieser Hilferuf innerhalb kürzester Zeit unkonventionell zur Versorgung der dort ausharrenden Menschen führte.
Auch in Norderstedt hätte die Flüchtlingskrise nicht so erfolgreich bewältigt werden können, wenn es nicht die vielen Ehrenamtlichen gegeben hätte und immer noch gibt. Wobei Norderstedt auch in diesem Punkt schon eine Idee voraus war. Denn bereits im Jahr 2014 – ein Jahr vor dem Höhepunkt der sog. Flüchtlingskrise – wurde auf Initiative von Heide Kröger, Susanne Martin, Regina Baltrusch und Hero Hewa Amin das Willkommen-Team gegründet. Ich kann mich noch gut an die ersten Willkommenbeutel erinnern, die mit Bordmitteln aus Beständen der Verwaltung und engagierter Privatpersonen gepackt wurden. Und natürlich an die Gründungsversammlung im Raum K 130/131, bei der der Raum berstend voll war. Es wurde um die Satzung gerungen, und es wurde der erste Vorstand mit Susanne Martin, Susanne Dähn, Regina Baltrusch, Siegfried Kurzewitz und Meike Winterscheid gewählt.
Für uns alle, ob hauptamtlich oder ehrenamtlich, waren die Jahre 2014 bis 2016 mit täglich neuen Herausforderungen verbunden. Abends waren wir froh, wenn die Menschen alle untergebracht und versorgt waren. Die Mitglieder des Willkommen-Teams arbeiteten teils bis zum Anschlag, um neue Flüchtlinge zu begrüßen, die ersten Wege zum Rathaus gemeinsam zu bewältigen, Arztbesuche zu begleiten oder in die Geheimnisse von „Tafel“ und Kleiderkammer einzuweisen. Auch für die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel war Unterstützung gefragt, ganz zu schweigen von Familien, deren Kinder die Schule besuchen mussten oder einen Kitaplatz benötigten.
Besonders bemerkenswert ist aus meiner heutigen Sicht, dass die unterschiedlichen Aufgaben der ehrenamtlichen Unterstützerinnen und Unterstützer innerhalb kürzester Zeit strukturiert waren. So gab es Listen, die bei Ankunft der Flüchtlinge mit diesen „abgearbeitet“ wurden, anhand von Bildmaterial wurde der ÖPNV oder der Weg zum Rathaus erklärt. Und es gab Schulungen für neue Ehrenamtliche und wöchentliche Montagsrunden zum Erfahrungsaustausch der Mitglieder.
Heute, fünf Jahre später, steht die Flüchtlingsarbeit vor neuen Herausforderungen. Nicht nur, dass sich das politische Klima in unserer Gesellschaft stark verändert hat; nein, auch die Situation der Geflüchteten ist eine andere. Viele von ihnen sind jetzt drei, vier oder fünf Jahre hier. Alle haben sich auf den Weg gemacht, weil sie in ihrem Land für sich und ihre Familien keine Perspektive gesehen haben, und viele versuchen jetzt hier anzukommen und sich hier eine Existenz aufzubauen. Das ist für nicht wenige schwerer als gedacht. Die schwere Sprache, fehlende Wohnungen, berufliche Erfahrungen, die auf einmal nicht mehr zählen … und bei vielen spielt sich das Leben vor allem in der Unterkunft ab, weil es zu wenig Begegnungsmöglichkeiten gibt.
Willkommensarbeit ist aus meiner Sicht nach wie vor ein wertvoller Beitrag der Zivilgesellschaft zur Integration von Geflüchteten und ein wichtiges Zeichen gegen die Spaltung unserer Gesellschaft. Auch wenn sich die Arbeit verändern wird, da in Zukunft weniger die unmittelbaren Hilfen im Vordergrund stehen, wird eine Integration nur mit Menschen gelingen, die Geflüchtete sowie Migrantinnen und Migranten hier willkommen heißen und die Brücken in unser städtisches Leben und unsere Gemeinschaft bauen.
Herzlichen Glückwunsch an das Willkommen-Team Norderstedt zum 5. Geburtstag – wir alle brauchen Euch – gestern, heute, morgen!

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Von Tara Jafar Zadeh aus Dubai. Aus dem Englischen
Tara Jafar ZadehDas Internet ist eine der besten Technologien im 21. Jahrhundert. Sein Vorläufer war das Arpanet, das ab 1969 zur Vernetzung von Großrechnern von Universitäten und Forschungseinrichtungen genutzt wurde. Das Arpanet startete zunächst mit nur zehn Nutzern. Mittlerweile können Menschen fast überall in der Welt das Internet nutzen.

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Von Ilka Bandelow
Ilka
Die deutsche Durchschnittsfamilie hat 1,2 Kinder. Im Allgemeinem (zu global - vom wem?) wird Deutschland als kinderfeindlich empfunden. Kinder kosten Zeit, Nerven und Geld, das ist der allgemeine Tenor. Und da kommen nun Menschen aus Ländern zu uns, wo das ganz anders empfunden wird. In den Herkunftsländern der Geflüchteten sind Kinder ein Geschenk, ein Segen und ein Muss, sie bedeuten Zukunft und auch Altersvorsorge. Dort hat die Durchschnittsfamilie wohl eher 3,5 Kinder. Daher wurden seit 2015 auch mehr Kinder in Norderstedt geboren, als es ohne den Zuzug von Geflüchteten wohl der Fall gewesen wäre.

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Von Claudia Blume

Mit dem mobilen Azubi-Mentoring unterstützt die Norderstedter Bildungsgesellschaft (NoBiG)Lehrlinge, Arbeitgeber und Berufsschullehrer während der Ausbildungszeit.
Immer mehr Geflüchtete finden den Weg in eine Berufsausbildung. Ende vergangenen Jahres waren es im Kreis Segeberg 670 Azubis aus Afghanistan, Syrien, Irak, Iran und Eritrea. Einer von ihnen ist Kamal Ghorbanian. Der 32-jährige Iraner kam vor drei Jahren nach Deutschland und macht seit September 2018 eine Ausbildung zum Koch.

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Von Susanne Martin

Ende Januar 2019 übergab die Volksbank Raiffeisenbank eG einen neuen VW up! an das Willkommen-Team Norderstedt e.V.. Das Kfz-Kennzeichen soll Ihnen sagen, dass es dem 2014 gegründeten Willkommen-Team Norderstedt e.V. gehört.
Bereits zum dritten Mal konnten sich Vereine und gemeinnützige Organisationen in Norderstedt bei der Bank für einen neuen VW up! bewerben. Dank der Entscheidung der Jury aus bankinternen und -externen Mitgliedern für das Willkommen-Team Norderstedt e.V. wird die ehrenamtliche Arbeit des Vereins ein Stück attraktiver.

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Von Habtom Grmay
HaptomGrmey

Lebensstationen wie Geburt, Heirat und Tod sind für alle Menschen vergleichbar. Es sind die Rituale und Bräuche um diese Ereignisse herum, die den Unterschied machen. Im Folgenden erzählt ein junger Eritreer von Ritualen und Bräuchen bei Schwangerschaft und Geburt in seinem Heimatland, wie sie vor allem in den Dörfern praktiziert werden. Zuvor noch dies: Viele junge Frauen in Eritrea entscheiden sich für eine sehr frühe Ehe und Schwangerschaft. Damit vermeiden sie, zum Militärdienst eingezogen zu werden. Der ist extrem hart und sexueller Missbrauch ist an der Tagesordnung. Die Geburtenrate liegt bei 4,7 Kindern je Frau. Staatliche Geburtsurkunden gibt es in Eritrea übrigens ebenso wenig wie Heiratsurkunden. Dadurch ist ein Familiennachzug bei anerkannten Geflüchteten nach Deutschland schwierig bis unmöglich.

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Ghulam Rasool Khalili aus Afghanistan engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr. Von Claudia Blume

Ghulam Feuerwehr cop ClaudiaBlumeDienstagabend, 19 Uhr, Dienstbesprechung bei der Freiwilligen Feuerwehr Harksheide. Den Anweisungen von Wehrführer Henrik Liesner lauschen rund 70 meist großgewachsene Männer. Eine schmucke Truppe in schicker dunkelblauer Arbeitskleidung. Ein Kamerad fällt etwas aus der Reihe: Er hat asiatische Gesichtszüge und ist einen Kopf kleiner als die meisten anderen, hat aber ein mindestens ebenso großes Herz, das für die Arbeit der Feuerwehr schlägt.

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Von Diana Loos

Vor mir ein Meer fremder, gespannter Gesichter, ca. 15 Menschen um drei kleine Tische, auf kleinen, teils wackeligen Stühlen. Vor ihnen auf den Tischen Notizbücher und Bleistifte sowie einige einfache Kugelschreiber, die mein Kollege, mit längerer Erfahrung im Deutschunterricht für Geflüchtete, päckchenweise besorgt hat. Die Atmosphäre ist aufgeregt und aufregend, durchzogen von gegenseitiger Neugier: Seitens der Lernenden die Frage, wie diese neue Lehrerin es wohl schaffen wird, die schroffen Klippen der als schwierig berüchtigten deutschen Sprache zu umschiffen, damit man Fortschritte in der Verständigung macht; seitens der Lehrerin schwache Erinnerungen an ihren eigenen ersten Deutschunterricht, der mehrere Jahrzehnte früher am englischen Gymnasium stattgefunden hatte. Jetzt hat sie es auf sich genommen, diese geflüchteten Menschen ein paar Schritte weiter auf ihrem dornigen Weg der Integration zu begleiten, indem sie ihnen ermöglicht, die Grundlagen der deutschen Sprache als Basis für das weitere Lernen zu bewältigen.

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