WIR HIER: Artikel von Geflüchteten und Menschen, die schon länger hier leben

Ich möchte im Notfall helfen können

Ghulam Rasool Khalili aus Afghanistan engagiert sich bei der Freiwilligen Feuerwehr. Von Claudia Blume

Ghulam Feuerwehr cop ClaudiaBlumeDienstagabend, 19 Uhr, Dienstbesprechung bei der Freiwilligen Feuerwehr Harksheide. Den Anweisungen von Wehrführer Henrik Liesner lauschen rund 70 meist großgewachsene Männer. Eine schmucke Truppe in schicker dunkelblauer Arbeitskleidung. Ein Kamerad fällt etwas aus der Reihe: Er hat asiatische Gesichtszüge und ist einen Kopf kleiner als die meisten anderen, hat aber ein mindestens ebenso großes Herz, das für die Arbeit der Feuerwehr schlägt.


Seit gut einem halben Jahr ist Ghulam Rasool Khalili mit von der Partie. Weit hat er es nicht – der Afghane wohnt direkt hinter der Feuerwache am Schützenwall in einer kleinen Containeranlage. Rund 80 geflüchtete Menschen leben dort, doch Ghulam ist der einzige, der sich bei der Feuerwehr engagiert. Das gilt nicht nur für die lokale Feuerwache in Harksheide, sondern für alle Wehren in Norderstedt.
Harksheides Wehrführer Henrik Liesner freut sich über seinen Zugang. Gerne hätte er noch mehr Interessierte aus den Reihen der Flüchtlinge. „Der Bedarf ist da, doch Uniformen und Sirenen jagen vielen dieser Menschen Angst ein, die damit oftmals schreckliche Erlebnisse auf ihrer Flucht verbinden“, sagt der 47-Jährige. Im Sommer vor zwei Jahren gab es ein Grillfest auf dem Gelände der Wache, um die Hemmschwelle zu senken. „Wir wollten zeigen, was wir hier machen, wenn’s mal laut wird und wir ausrücken.“
Zum Gucken kamen einige, doch geblieben ist einzig Ghulam. „Mich fasziniert die Technik, die Gemeinschaft und die Möglichkeit, Menschen in Not zu helfen“, sagt der schmächtige Mann. Vor gut zwei Jahren kam er nach Norderstedt, war zuvor drei Jahre in Russland. „Als Afghane bist du dort nichts wert und das lässt dich jeder spüren“, sagt Ghulam leise. Anders bei der Wehr in Harksheide, wo er herzlich aufgenommen und vom ersten Tag integriert wurde. „Ich gehöre dazu“, erklärt er unaufgeregt. Der Stolz ist dem 31-Jährigen anzumerken, selbstbewusst trägt er das Hemd, auf dem das Feuerwehr-Logo prangt. Und auf der neonfarbenen Schutzkleidung klebt sogar ein Schild mit seinem Namen.
„Die Feuerwehr ist für jeden offen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder Herkunft“, sagt Henrik Liesner mit Nachdruck. Für Ghulam heißt das: Er ist bei allen Diensten dabei, lernt Geräte und den Umgang mit ihnen kennen und fährt auch zu Lösch- und Rettungsübungen raus. Eifrig lernt er neben der deutschen Sprache das Feuerwehrfachvokabular: „Schwierige Begriffe schaue ich im Internet nach.“ Besonders haben es dem Afghanen die imposanten Feuerwehrfahrzeuge angetan. Kein Wunder, schließlich hat er in seinem Heimatland als LKW-Fahrer gearbeitet.
Doch bis Ghulam hinter dem Steuer des Löschgruppenfahrzeugs Platz nehmen darf, wird es etwas dauern. Zunächst macht er bei einer Spedition eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Im kommenden Jahr möchte der junge Mann die Grundausbildung zum Feuerwehrmann beginnen.

Schlagwörter:

WIR HIER Herausgeber

Willkommen-Team Norderstedt e.V. und
Flüchtings und Migrationsarbeit Norderstedt in Trägerschaft des Diakonischen Werks Hamburg-West/ Südholstein.

Redaktionsanschrift
Fadens Tannen 30, 22844 Norderstedt
E-Mail: magazin@willkommen-team.org
Tel: 040 / 63861261

Urheberrechtshinweise

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder und
verbleiben mit allen Rechten bei den Autor/innen.
Die Porträt-Fotos stammen aus Privatbesitz bzw. von Srapion Gevorgyan.
Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion bzw. der Rechteinhaber.

Webdesign

© 2017 Willkommen-Team Norderstedt e.V.