WIR HIER: Artikel von Geflüchteten und Menschen, die schon länger hier leben

Brückenbauen für den Start ins Berufsleben

Von Claudia Blume

Mit dem mobilen Azubi-Mentoring unterstützt die Norderstedter Bildungsgesellschaft (NoBiG)Lehrlinge, Arbeitgeber und Berufsschullehrer während der Ausbildungszeit.
Immer mehr Geflüchtete finden den Weg in eine Berufsausbildung. Ende vergangenen Jahres waren es im Kreis Segeberg 670 Azubis aus Afghanistan, Syrien, Irak, Iran und Eritrea. Einer von ihnen ist Kamal Ghorbanian. Der 32-jährige Iraner kam vor drei Jahren nach Deutschland und macht seit September 2018 eine Ausbildung zum Koch.


An seiner Seite sind Küchenmeister und Ausbilder Georg Schumann sowie Berufspädagogin Ulrike Schymanski. Sie und ihre Kollegin Katrin Bonkat begleiten Auszubildende im Rahmen des mobilen Azubi-Mentoring der NoBiG. „Wir verstehen uns als Türöffner und Brückenbauer, geben Hilfestellung bei Problemen während der Ausbildung und dienen allen Beteiligten, Azubis, Arbeitgebern sowie Berufsschullehrern, als Ansprechpartner. Vor allem möchten wir eines: Präventiv arbeiten, auch, indem wir Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, bevor sie Schaden anrichten“, erklärt Ulrike Schymanski. „Wir helfen Kamal bei der Aufarbeitung des Berufsschulstoffes und machen auch Kommunikationstraining mit ihm.“
Bei anderen Azubis gibt es mehr für die Mentorinnen zu tun. Die jungen Leute kämpfen mit interkulturellen Vorurteilen in ihren Betrieben, leiden unter Ausgrenzung und Mobbing und sind nicht selten in ihren Tätigkeiten unterfordert. „Jemandem, der in seinem Heimatland bereits ein eigenes Büro geführt hat, darf man schon etwas mehr zutrauen als die Beschriftung von Aktenordnern“, findet die Sozialpädagogin. Klärende Gespräche würden manche Schwierigkeiten entzerren.
Auch der Iraner brachte einiges an Erfahrung mit. „Ich habe im Catering Hochzeiten mit bis zu 300 Gästen ausgerichtet und bereits im Iran eine Ausbildung zum Koch begonnen“, erzählt Kamal. Bei der NoBiG absolvierte er einen einjährigen Bundesfreiwilligendienst in der Schulmensa des Lessing-Gymnasiums. Schnell erkannte Küchenmeister Georg Schumann das Talent seines Schützlings und bot ihm im Anschluss einen Ausbildungsplatz zum Koch an.
„Kamal lernt schnell, ist pünktlich und zuverlässig. Wir bereiten täglich 120 Essen zu, da ist es entscheidend, als Team zusammenzuarbeiten – und Kamal ist ein hervorragender Teamplayer“, schwärmt der Lehrmeister. Zudem sei sein Azubi sehr kreativ an Herd und Backofen – „was er zubereitet, schmeckt“ – und bereichere die Speisekarte mit iranischen Spezialitäten. „Die Schüler lieben seine kleinen Kuchen“, weiß Schumann. Der leidenschaftliche „Konditor“ Kamal verrät das Geheimnis: „Ich verwende etwas Rosenwasser.“
Im Abschmecken könne seinem neuen Lehrling keiner etwas vormachen, sagt der Chef, nur die Küchensprache sei noch eine Herausforderung – seit jeher die Sprache der Gourmets. Anfangs machte Kamal bei der Ansage „schneide die Möhren bitte in Julienne“ verständnislos große Augen. Inzwischen hat er gelernt, dass damit dünne Streifen gemeint sind. Täglich erweitert er seine Liste mit dem Fachvokabular, um irgendwann seinen großen Traum wahrmachen zu können: ein eigenes Restaurant.

Schlagwörter:

WIR HIER Herausgeber

Willkommen-Team Norderstedt e.V. und
Flüchtings und Migrationsarbeit Norderstedt in Trägerschaft des Diakonischen Werks Hamburg-West/ Südholstein.

Redaktionsanschrift
Fadens Tannen 30, 22844 Norderstedt
E-Mail: magazin@willkommen-team.org
Tel: 040 / 63861261

Urheberrechtshinweise

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder und
verbleiben mit allen Rechten bei den Autor/innen.
Die Porträt-Fotos stammen aus Privatbesitz bzw. von Srapion Gevorgyan.
Vervielfältigung und Verbreitung nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion bzw. der Rechteinhaber.

Webdesign

© 2017 Willkommen-Team Norderstedt e.V.