Von Zina Savoyan aus Armenien

Ich, Zina Safoyan aus Armenien, habe gerade meinen Schulabschluss geschafft. Ihr dürft mir gratulieren!
Ich hatte sehr große Angst, dass ich den Schulabschluss nicht schaffen würde, und bin fast verrückt geworden. Denn ich hatte zwar schon die Zusicherung für einen Ausbildungsplatz, aber erst in diesem Jahr habe ich so richtig verstanden: Wenn ich meinen Abschluss nicht schaffe, dann kann ich meine Ausbildung nicht anfangen, und dann würde ich nicht in Deutschland bleiben dürfen.

Ich glaube, das Gefühl kann keiner verstehen, der nicht selbst in dieser Situation ist. Meine Freunde, Bekannten und sogar meine Familie haben zwar immer gesagt: Du schaffst das schon, mach dir keine Sorgen. Aber mich hat die Angst, dass ich den Schulabschluss nicht schaffen und dadurch den Ausbildungsplatz verlieren würde, fertig gemacht. Diese Angst hat mich immer verfolgt. Ich hatte bis dahin nie Angst gehabt, etwas zu verlieren oder jemanden loszulassen, aber von dem Ausbildungsplatz hing jetzt mein Schicksal, mein ganzes Leben ab.
Dann kam der Tag, an dem wir unsere Ergebnisse erfahren sollten. Oh mein Gott, was hatte ich für eine Angst! Als mein Lehrer mich in den Raum hereingerufen hat, sah ich an seinem Gesicht, dass er nicht zufrieden war. Ich wollte schon weinen, als er sagte: „Warum bist du so traurig, Zina, du hast es doch fast geschafft, du musst nur noch eine Nachprüfung machen.“ Aber seine Worte haben mich nicht beruhigen können - was ist, wenn ich die Nachprüfung nicht bestehe? Ich hatte eine Woche Zeit, um für die Nachprüfung in Geographie zu lernen. Das eine Thema war Asien, das andere war, wie der Mensch seine Umwelt verändert.
Ich habe gelernt wie wild, und als dann der Tag der Nachprüfung gekommen war, habe ich auf die Fragen nur noch automatisch geantwortet, ohne zu wissen, ob meine Antworten richtig oder falsch waren. Zum Glück waren am Ende alle drei Lehrer, die bei der Prüfung dabei waren, zufrieden. Am Ende sagten die Lehrer: „Du hast es geschafft, Zina, du hast das super gemacht.“ Einer von ihnen war mein Klassenlehrer und er war stolz darauf, dass ich es so gut gemacht habe. Ich habe dann eine Zwei in Geographie bekommen.
Damit hatte ich meinen Schulabschluss! Die Welt gehörte mir! Ich würde die Ausbildung machen können! Ich würde in Deutschland bleiben können!
Es gab sicher keinen glücklicheren Menschen auf der Welt als mich, Danke, lieber Gott! Gelernt habe ich, dass es sich lohnt, bis zur letzten Minute für seine Träume zu kämpfen und die Hoffnung nicht aufzugeben.
Jetzt bin ich seit dem 1. Juli Auszubildende als Einzelhandelskauffrau. Alles läuft supergut, alle im Betrieb sind sehr nett zu mir und hilfsbereit, wenn ich mal Hilfe brauche.
Ich bedanke mich bei allen, die mich auf meinem Weg unterstützt haben. An erster Stelle sage ich natürlich Deutschland Dankeschön für die Chance, die ich hier bekommen habe. Außerdem bedanke ich mich bei allen Lehrkräften von der Schule Ossenmoorpark, mit denen ich zu tun hatte, und auch bei dem Marktleiter von Edeka Hayunga, der mir den Ausbildungsplatz angeboten hatte. Mein Dank gilt aber natürlich auch allen anderen Menschen, die mich unterstützt haben oder mir weiter zur Seite stehen.
Und ich danke sogar denjenigen Menschen, die mir weh getan und nicht an mich geglaubt haben: Auch Ihr habt dazu beigetragen, dass ich jetzt so fest auf eigenen Beinen stehe und aufrecht weitergehe. Ich bin hundertprozentig sicher, dass ich mich für den richtigen Weg entschieden habe.