WIR HIER: Artikel von Geflüchteten und Menschen, die schon länger hier leben

Mein Lebenstraum

RaziyaVon Raziya Habibi aus Afghanistan

Als ich in Afghanistan war, habe ich gedacht, dass es illegal sei, eine Frau zu sein. Ich habe meine Mutter immer wieder gefragt: “Wieso hast du mich überhaupt geboren?“ Ich habe mein Leben in Afghanistan gehasst. Ich habe mich gefragt, warum Frauen keine Rechte haben, frei und unabhängig leben und eigene Entscheidungen treffen können. Es war für meine Schwestern und mich so schwierig, dass Vater und Brüder für uns alle wichtigen Entscheidungen getroffen haben. Obwohl die Entscheidungen unfair waren, durften wir nichts sagen. Wenn ich meine Augen morgens öffnete, sagte ich: „Oh, Gott, so kann ich nicht weiterleben.“

Auf der Arbeit oder in der Universität haben meine Freundinnen und ich über die Schwierigkeiten im Leben gesprochen. Ich war oft mutlos, jeden Tag die gleichen Fragen von meinem Vater und meinen Brüdern: Warum arbeite ich, mit wem arbeite ich, warum gehe ich zur Uni und so weiter … Dadurch habe ich auf alle Fragen bei der Arbeit gereizt reagiert. Ich habe deswegen aufgegeben. Ich wollte so nicht weiterleben, ich musste einen Weg finden, damit das Leben lebenswert würde. Ich habe meine Entscheidung getroffen und sie niemals bereut.
Ich bin im August 2015 nach Europa geflüchtet. Meine Flucht hat 43 Tage gedauert. Ich habe viele schlimme Dinge unterwegs erlebt, weil ich alleine war, aber schließlich habe ich mein Ziel erreicht. Nach drei Monaten in Deutschland habe ich mein erstes Praktikum in einem Kindergarten begonnen. Damals konnte ich mich schon ein bisschen auf Deutsch mit den Kindern unterhalten. Die Kinder waren so nett zu mir, sie haben versucht mir etwas beizubringen. Danach habe ich ein Praktikum bei der Entwicklungsgesellschaft Norderstedt mbH (Egno) gemacht und dann wurde mir ein Ausbildungsplatz als Kauffrau für Büromanagement angeboten. Ich habe bei Tesa ein Praktikum im Controlling gemacht, dort habe ich auch gute Erfahrungen gesammelt und nette Leute kennengelernt. Momentan mache ich meine Ausbildung und neben der Arbeit mache ich einen B2 Sprachkurs, um meine Sprache weiter zu verbessern.
Ich freue mich, sehr viele deutsche Freunde und meinen deutschen Freund mit seiner Familie zu haben. Obwohl er viel zu tun hat, nimmt er sich Zeit, um meine Hausaufgaben zu kontrollieren und mir beim Lernen zu helfen.

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