WIR HIER: Artikel von Geflüchteten und Menschen, die schon länger hier leben

Schöne Erinnerungen

Von Husam Al Nawas
Wir Jungs aus der Unterkunft Alte Landstraße kamen Mitte Juni 2016 nach Norderstedt, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge ohne Papiere. Erst hatte keiner von uns einen Vormund, und selbst einen Asylantrag ohne Vormund zu stellen ist schwer. Wir brauchten also erst einmal einen rechtlichen Vertreter, einen Vormund, damit alles einwandfrei geregelt wurde. Es war eine traurige Zeit, vor allem während der Schulferien, denn wir kannten ja fast niemanden. Und ohne Sozialpass konnten wir uns noch nicht einmal in einem Sportverein anmelden.

Herr Matthes hatte früh angefangen, bei den Sportvereinen nach freien Spielzeiten zu fahnden, und die rechtlichen Fragen geklärt, z.B. wegen Versicherungsschutz. Er hat sich zusammen mit Herrn Husam AL Nawas überhaupt um uns gekümmert. Wir haben miteinander Beschäftigungsideen diskutiert. Die Entscheidung fiel dann auf Fußball und daran haben wir weiter gearbeitet. Ich habe in fast allen Notunterkünften nach Jugendlichen gefragt, die Lust auf Fußballspielen hatten und noch in keinem Verein angemeldet waren. Am Ende stand ich da mit einer langen Liste, es waren ca. 26 Jugendliche aus verschiedenen Ländern wie z.B. Afghanistan, Syrien und Irak, die mitmachen wollten. Und Herr Matthes hat erfolgreiche Verhandlungen mit dem SV Friedrichgabe bezüglich unserer Spielmöglichkeiten geführt.
Unser erster Tag bestand aus Kennenlernen, Besichtigung und Information. Die Jungs hat es umgehauen, sie waren total begeistert. Glücklich fragten sie: Wie, das ist für uns? Wir können das wirklich nutzen?
Unser Training war immer Samstag. Um 11 Uhr ging es los mit Aufwärmen und Dehnübungen, danach Ballführung. In diesem Teil wurden Begriffe aus Theorie und Praxis vermittelt wie Laufen, Pass, Deckung, Ballbesitz etc. Das anschließende Fußballspiel dauerte zwischen 30 und 45 Minuten, um 13 Uhr kam der Schlusspfiff. Die Betreuung der Jungs war professionell, denn Herr Matthes besitzt den Fußballtrainerschein B Lizenz. Ich war sein Assistent. Von der deutschen Sprache abgewichen wurde nur, wenn es wirklich hakte. Denn unser Ziel war es nicht nur, den Jungs Fußball beizubringen, sondern auch Deutsch. Denn noch waren Ferien, aber die Schule fing ja im September an.
Die Jungs fanden unser Training schön und nützlich, sie haben es oft Freunden empfohlen. Bis heute bekomme ich Anfragen, ob wir nicht noch einmal so etwas machen wollen, denn für die Jungs war das etwas Besonderes: Wir haben zusammen beim Fußball harmoniert, wir haben Weihnachten zusammen gefeiert und sind zusammen Bowling und Billard spielen gegangen etc.
Was die Jungs richtig begeistert hat, war unsere Art und unser Umgang mit ihnen. Wir haben niemals etwas versprochen, was wir nicht halten konnten, bis zum Schluss nicht. Wir haben den Jungs die Möglichkeit gegeben, sich in den SV Friedrichgabe zu integrieren. Wir hatten noch einmal mit dem Verein Gespräche geführt und sie waren bereit zwei neue Trainer einzustellen, so dass die Jungs im SV Friedrichgabe weiter trainieren und spielen dürfen.
Viele unserer Jungs, die noch in Norderstedt leben, spielen bis heute in dem Verein. Herr Matthes und ich sind glücklich und zufrieden, weil wir den Jugendlichen helfen konnten.

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